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Was hat ein Gedicht mit einem Fahrradschlauch gemeinsam?

Das folgende Gedicht soll vor allem Schülern die Angst vor Gedichten nehmen. Es zeigt nämlich, dass das Analysieren und Interpretieren nichts anderes ist als der Umgang mit einem Fahrradplatten.

Anders Tivag


Das Gedicht als Fahrradschlauch

Sieht ein Schüler ein Gedich

Fühlt er sich wie vor Gericht.

Statt was Schönes selbst zu finden

Muss er sich mit Listen schinden,

Die ihm sagen Schritt für Schritt,

Was zu tun und was zu lassen

Das nimmt ihn ganz furchtbar mit

Und am Ende wird er‘s hassen.

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Dabei könnt’s ganz einfach sein

Denn ein Text ist wie ein Fahrrad

Dessen Schlauch ihn lässt allein

Denn auch hier kommt guter Rat

Nur wenn man genau hinschaut

Und sich dann ne Lösung baut.

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Stand vielleicht schon lange Tag

Dieses Rad still vor dem Haus

Ist vielleicht kein Grund zur Klage

Denn die Luft ging langsam raus.

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Ist ein Loch im Schlauch der Grund

Na, dann weg mit diesem Schund

Ein besserer Reifen muss wohl her

Dann gibt’s solchen Stress nicht mehr.

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,Analyse ist der Geist,

Aus dem sich echte Klarheit speist.

Doch es ist noch mehr zu tun:

Wie kommt man denn vom Flecke nun?

Dann ist man ein Interpret,

Wenn man weiß, wie’s weitergeht.

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Zum Beispiel könnt’ man Mama fragen,

Denn die hat ‘nen schnellen Wagen

Bringt sie’s Kind zur Schule hin,

Macht die Sache endlich Sinn.

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In Ordnung sind nun alle Sachen

Man hat geklärt, was man muss machen -

Und so ist’s auch beim Gedicht.

Erst schaut man genauer hin.

Hinterher fragt man dann schlicht:

Wo ist denn der höh’re Sinn?



Wer noch mehr möchte



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