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Anmerkungen zu Eugen Roths Gedicht "Nach der Reise"

Wir gehen davon aus, dass der Text des Gedichtes vorliegt, und schauen uns jetzt die Strophen und ihre Aussagen mal kurz an:

  • Das Gedicht beginnt mit einer Feststellung, die auf Erfahrungen beruht.
  • Es geht darum, dass man, wenn man viel unterwegs gewesen ist und auch viel erlebt hat, einige Zeit braucht, damit das alles verarbeitet werden kann.
  • Verwendet wird ein Bild aus der Landwirtschaft, das auf die Zeit aufmerksam macht, die es braucht, bis etwas völlig reif ist und dann entsprechend genutzt werden kann.

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  • Im nächsten Schritt wird das Bild eine gepflückten Pflanze weiter ausgestaltet.
  • Dabei ist entscheidend, dass man sich ihr nicht rechtzeitig widmen kann, so dass sie verwelkt.
  • Alle Versuche, diesen Prozess aufzuhalten, werden als vergeblich dargestellt.

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  • in den nächsten drei Zeilen geht es dann um eine Möglichkeit, sich der Reisevergangenheit doch wieder zu nähern, nämlich mithilfe des Reisetagebuches alle Erlebnisse und Erfahrungen wieder zu beleben.
  • Aber anscheinend bringt das auch keinen Erfolg.

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  • Der nächste Schritt wendet sich dann den Fotos zu, die man gemacht hat.
  • Das Gedicht geht dabei davon aus, dass man die zum Zeitpunkt seiner Entstehung die Schnappschüsse erst mal noch entwickeln lassen musste.
  • Dazu findet das lyrische Ich, dass sich ja hier selbst anredet, keine Zeit.
  • Ebenso kommt es nicht zu einer zweiten Aufgabe, nämlich die ganzen Fotos auch noch zu ordnen.

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  • Der Schluss präsentiert dann eine Art Fazit. Es ist nie zu einer Verarbeitung der Reiseerfahrungen gekommen.
  • Im Laufe der Zeit sind sie dann so vergangen, dass man sich nur noch daran erinnern kann, an einem bestimmten Ort gewesen zu sein.

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Insgesamt ein Gedicht, das deutlich macht, dass Reisen etwas relativ Einfaches ist im Vergleich zur Verarbeitung all der Eindrücke und Erfahrungen, die dabei auf einen mehr oder weniger eingestürmt sind.

Es gibt ja die schöne Geschichte von den Indios wohl des Amazonasgebietes, die die Forschungsreisenden nach ein paar Tagen schnellen Vorankommens mit dem Hinweis überraschen: "Wir müssen jetzt warten, bis unsere Seelen nachgekommen sind."

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Nachtrag:

Wie das mit solchen Geschichten so ist. Ein bisschen Recherche lässt einen dann noch eine andere Fassung finden, auf die wir hier gerne verweisen:
https://zeitzuleben.de/bis-die-seele-nachkommt/
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Das ist genau das Problem vieler moderner Menschen: Sie können viel reisen, viel kennenlernen, während jeder, der im Mittelalter überhaupt über sein Dorf hinausgekommen war, schon ein "er-fahren-er" Mann war.

Das Problem heute ist nur, dass es meist kein Gefühl und - wenn das da ist, wie in diesem Gedicht - dann keine Zeit für die "Anverwandlung" all der Eindrücke auf den Reisen ist. Das Wort soll von Goethe stammen, auf jeden Fall macht es deutlich, dass es sehr viel mehr Zeit und vielleicht sogar Anstrengung kostet, das Gesehene und Erlebte auch zu einem Teil von sich selbst zu machen.



Wer noch mehr möchte



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