aa
www.einfach-gezeigt.de
Es gibt viele Möglichkeiten, sich etwas klarzumachen :-)
Wir versuchen es vor allem mit
Bildern - aber natürlich auch mit
verständlichen Texten.
Zunächst ein Rückblick auf die drei Gedichte, die wir in den ersten beiden Videos vorgestellt haben.
Das diente gewissermaßen einer vorsichtigen Annäherung an diesen Dichter der Romantik.
Jetzt treten wir hier langsam aufs Gaspedal und stellen in einem weiteren Video gleich vier Videos vor.
Systematischer “Spickzettel” - zu den Kennzeichen der Romantik
1. Gegenbewegung zur Aufklärung
---
2. Statt des Tages mit seiner Helligkeit
---
3. Gegenbewegung zur Industrialisierung mit ihrer kalten Maschinen- und Fabrikwelt
-> Natur und Mittelalter
4. Freude an Ruinen und anderen Überresten
---
5. Mittelalter = Glaubenseinheit, Jenseitsorientierung
---
6. Im Diesseits: „Das Wunderbare” - Vgl. Wünschelrute „Schläft ein Lied in allen Dingen“
---
7. Sehnsucht = zentrales Phänomen
---
8. Motiv des Wanderns
---
9. Sehnsucht -> Vorliebe für das Fragment
---
10. Romantische Ironie: Wahrheiten nur im Schwebezustand
Der Wegelagerer
Es ist ein Land, wo die Philister thronen,
Die Krämer fahren und das Grün verstauben,
Die Liebe selber altklug feilscht mit Hauben –
Herr Gott, wie lang willst du die Brut verschonen!
---
Es ist ein Wald, der rauscht mit grünen Kronen,
Wo frei die Adler horsten, und die Tauben
Unschuldig girren in den grünen Lauben,
Die noch kein Fuß betrat – dort will ich wohnen!
---
Dort will ich nächtlich auf die Krämer lauern
Und kühn zerhaun der armen Schönheit Bande,
Die sie als niedre Magd zu Markte führen.
---
Hoch soll sie stehn auf grünen Felsenmauern,
Dass mahnend über alle stillen Lande
Die Lüfte nachts ihr Zauberlied verführen.
Fazit:
Hier geht es insgesamt wohl weniger um Räuberei als um den Versuch, all das, was der Romantiker liebt, von Kommerzialisierung zu befreien.
Letztlich also wohl eher ein positiv gestimmtes bzw. ausgerichtetes Gedicht.
---
Hinweis auf die Sonett-Form:
Dann ein Gedicht, das etwas vorsichtiger ist bei der Abgrenzung zwischen den Guten und den Schlechten:
---
Die zwei Gesellen
---
Es zogen zwei rüst’ge Gesellen
Zum erstenmal von Haus,
So jubelnd recht in die hellen,
Klingenden, singenden Wellen
Des vollen Frühlings hinaus.
---
Die strebten nach hohen Dingen,
Die wollten, trotz Lust und Schmerz,
Was Rechts in der Welt vollbringen,
Und wem sie vorübergingen,
Dem lachten Sinnen und Herz. –
---
Der erste, der fand ein Liebchen,
Die Schwieger kauft’ Hof und Haus;
Der wiegte gar bald ein Bübchen,
Und sah aus heimlichem Stübchen
Behaglich ins Feld hinaus.
---
Dem zweiten sangen und logen
Die tausend Stimmen im Grund,
Verlockend’ Sirenen, und zogen
Ihn in der buhlenden Wogen
Farbig klingenden Schlund.
---
Und wie er auftaucht’ vom Schlunde,
Da war er müde und alt,
Sein Schifflein das lag im Grunde,
So still war’s rings in die Runde,
Und über die Wasser weht’s kalt.
---
Es singen und klingen die Wellen
Des Frühlings wohl über mir;
Und seh ich so kecke Gesellen,
Die Tränen im Auge mir schwellen –
Ach Gott, führ uns liebreich zu dir!
---
Joseph von Eichendorff
Abschied
---
O Täler weit, o Höhen,
O schöner, grüner Wald,
Du meiner Lust und Wehen
Andächtger Aufenthalt!
Da draußen, stets betrogen,
Saust die geschäftge Welt,
Schlag noch einmal die Bogen
Um mich, du grünes Zelt!
---
Wenn es beginnt zu tagen,
Die Erde dampft und blinkt,
Die Vögel lustig schlagen,
Daß dir dein Herz erklingt:
Da mag vergehn, verwehen
Das trübe Erdenleid,
Da sollst du auferstehen
In junger Herrlichkeit!
---
Da steht im Wald geschrieben
Ein stilles, ernstes Wort
Von rechtem Tun und Lieben,
Und was des Menschen Hort.
Ich habe treu gelesen
Die Worte, schlicht und wahr,
Und durch mein ganzes Wesen
Wards unaussprechlich klar.
---
Bald werd ich dich verlassen,
Fremd in der Fremde gehn,
Auf buntbewegten Gassen
Des Lebens Schauspiel sehn;
Und mitten in dem Leben
Wird deines Ernsts Gewalt
Mich Einsamen erheben,
So wird mein Herz nicht alt.
---
Das Besondere dieses Gedichtes besteht darin, dass es deutlich macht, dass die Waldheimat nicht nur ein Ort der Erinnerung ist, sondern auch eine Art bleibenden Schatz darstellt, auf den man immer wieder zurückgreifen kann und der einen vor negativen Entwicklung bewahren kann.
Inhaltlich wird es nicht weiter ausgeführt, aber es geht wohl in die Richtung, dass man in seiner Jugend gewisse Lebensmaximen und Regeln vermittelt bekommen kann, die dann dafür sorgen, dass man im Leben immer wieder an der richtigen Stelle Anker werfen kann und Sicherheit findet.
---
Und am Ende ein Gedicht, das die Abgründe deutlich macht, vor denen auch Romantiker nicht gefeit sind.
Joseph von Eichendorff
Zwielicht
---
Dämmrung will die Flügel spreiten,
Schaurig rühren sich die Bäume,
Wolken zieh’n wie schwere Träume -
Was will dieses Grau´n bedeuten?
---
Hast ein Reh du lieb vor andern,
Lass es nicht alleine grasen,
Jäger zieh’n im Wald’ und blasen,
Stimmen hin und wider wandern.
---
Hast du einen Freund hienieden, [hienieden = in dieser Welt]
Trau ihm nicht zu dieser Stunde,
Freundlich wohl mit Aug’ und Munde,
Sinnt er Krieg im tück’schen Frieden.
---
Was heut müde gehet unter,
Hebt sich morgen neu geboren.
Manches bleibt in Nacht verloren -
Hüte dich, bleib’ wach und munter!
---
Insgesamt erschien dieses Gedicht auf den ersten Blick zunächst etwas rätselhaft, ja verstörend. Aber ein genauerer Blick hat deutlich gemacht, dass es eben eine Tageszeit gibt mit entsprechenden Stimmungen, die vorwiegend Gefahren sehen.
Verbunden ist das aber zumindest ansatzweise in dem Gedicht bereits mit der Vorstellung des neuen Tages, bei dem dann solche Gefühle und Sorgen zurücktreten.
Es bleibt immer ein Rest von Ungewissheit, was Anlass zur Vorsicht ist.